Yoga in Jeans – Eine Lebensphilosophie

Auf Yoga in Jeans möchte ich einen Ort schaffen, an dem du Yoga, persönliche Weiterentwicklung, Mode und Reisen zu einem modernen Lebensgefühl verbinden kannst. Denn auch wenn Yoga vorrangig immer mit Asanas, also Übungen, verbunden wird, findet Yoga nicht nur auf der Yogamatte statt. Auch abseits der Matte können wir Yoga leben – und die positiven Auswirkungen in allen Bereichen unserer Lebens spüren: Im Beruf, im Miteinander mit unseren Mitmenschen, in unserem Konsumverhalten und unserer Lebensweise.

Jeden Tag, jede Minute können wir in Yoga in unser Leben integrieren. Dafür braucht es keine aufwendige, stundenlange Yogapraxis. Yoga ist für uns alle jederzeit praktizierbar – und das geht ganz wunderbar auch in Jeans, T-Shirt und Blazer, mit einem Kaffee in der Hand (ich liebe Hafermilch-Cappuccinos!). Also, schnapp´ dir ein Heißgetränk deiner Wahl, egal ob Tee oder Kaffee, mach es dir gemütlich und gönn dir ein wenig Zeit für deine geistige Yogapraxis.

Was Yoga mit Jeans zu tun hat

Was Yoga mit Jeans zu tun hat? Auf den ersten Blick erstmal gar nichts, oder? Wenn du dir die Definition von Yoga anschaust, lernst du das:

Yoga (das Wort geht auf die indogermanische Wurzel yui zurück und bedeutet anschirren, zusammenführen) ist eine aus Indien stammende philosophische Lehre, die eine Reihe geistiger und körperlicher Übungen umfasst.

Da steht erstmal nichts von verrückten Brezelhaltungen auf der Yogamatte. Ok, das Wort körperlich taucht auf, aber ebenso das Wort geistig. Das bedeutet, dass die Asanas, also die unterschiedlichen Yogahaltungen, einen Teil deiner Yogapraxis ausmachen (können!), aber nicht müssen. Meditation, Selbstreflexion, achtsamer Umgang mit dir und deiner Umwelt – all das kannst du auch fernab der Yogamatte machen.

In Jeans auf dem Boden sitzen, mit einem Kaffee in der Handund einfach nur atmen. So einfach kann es manchmal sein, Yoga zu praktizieren.

Wenn wir uns die alten, indischen Schriften anschauen, die auch heute noch zentral für Yogi:nis auf der ganzen Welt sind (oder sein sollten!), dann soll Yoga uns dabei helfen, Körper, Geist und Seele in ein Gleichgewicht zu bringen und somit mehr Ausgeglichenheit und Zufriedenheit in unser Leben zu ziehen. Klingt gut, oder? Um daher zu verstehen, wieso Yoga keine Sportart ist, sondern als Lebensphilosophie gesehen wird, zeige ich dir jetzt die fünf Wege des Yoga, was sie beinhalten und wie du sie in dein Leben einbinden kannst.

Yoga in Jeans_Lebensphilosophie

5 Wege, Yoga in deinem Alltag zu leben

Yoga hat viele Strömungen und Wege entwickelt im Laufe der Jahrhunderte – und es ist gar nicht so einfach, hier den Überblick zu behalten! In der Yogaphilosophie unterscheiden wir übergeordnet fünf zentrale Yogawege, die dabei nicht mit den Yogastilen (wie Vinyasa, Yin oder Jivamkti Yoga) zu verwechseln sind. Vielmehr stellen die Yogawege dar, wie du Yoga im Alltag praktizieren kannst – nicht nur in dir, sondern auch zwischenmenschlich. Im folgenden erkläre ich dir diese fünf Yogawege:

  • Hatha Yoga (Yoga des Körpers)
  • Jnana Yoga (Yoga des Wissens)
  • Raja Yoga (Yoga der Meditation)
  • Karma Yoga (Yoga der Handlung)
  • Bhakti Yoga (Yoga der Hingabe)

Hatha Yoga – Yoga des Körpers

Das körperlich orientierte Yoga wird unter Hatha Yoga zusammengefasst. Hierunter fallen dann auch die oben erwähnten, unterschiedlichen Yogastile, die durch Asanas, also die Körperhaltungen praktiziert werden. Asana heißt übersetzt nämlich nichts anderes als Haltung (und wer weiß schon, ob die alten Yogis wirklich eine äußere Haltung, oder nicht eher doch eine innere Haltung gemeint haben?).

Hatha Yoga arbeitet aber nicht nur mit deinem Körper, sondern auch mit deinem Atem (Pranayama), deinem Geist sowie deinen Emotionen. All diese Punkte werden in den indischen Schriften jeweils nochmals gesondert betrachtet. Mehr darüber erfährst du weiter unten im Abschnitt über den achtgliedrigen Pfad von Patanjali.

Jnana Yoga – Yoga des Weisheit und des Wissens

Im Jnana Yoga beschäftigst du dich viel mit indischen Schriften (wie der Bagavad Gita, Patanjalis Yogasutra, den Upanishaden, etc.), aber reflektierst gleichzeitig deine eigenen Gedanken und Handlungen. Dabei können dir Tagebuch schreiben oder auch Meditation helfen. Wenn du dich mit persönlicher Weiterentwicklung beschäftigst, also Podcasts hörst, Bücher liest oder Workshops und Seminare besuchst, praktizierst du also Jnana Yoga. Wie du merkst, handelt es sich dabei eher um theoretisches Yoga – was auch wichtig ist, um ein besseres Verständnis zu bekommen!

Raja Yoga – Yoga des Geistes

Im Raja Yoga geht es um die Kontrolle deines Geistes. Raja bedeutet übersetzt König – also möchtest du König:in über deinen Geist und sein ganzes Reich werden. Um deinen Geist zu beherrschen, zu regieren, ist Meditation ein mächtiges Tool. Wenn du dich in Ruhe und Stille mit deinem Geist verbindest, kannst du deine Gedanken zur Ruhe kommen lassen und mehr Einheit erfahren (du erinnerst dich an das Ziel von Yoga: Die Einheit von Körper, Geist und Seele!). Neben Meditation helfen dir hier aber auch Selbstreflexion (Tagebuch schreiben), kleine Achtsamkeitsübungenund Atemübungen, dich besser mit deinem Geist zu verbinden.

Karma Yoga – Yoga der Handlung

Ein:e Karma Yogi:ni bist du, wenn du aufrichtige und uneigennützige Handlungen zum Wohl anderer Lebewesen vollziehst – ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Das können ehrenamtliche Tätigkeiten im Tierschutz oder bei Hilfsorganisationen sein, aber auch grundsätzlich Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft leben. Dazu reichen oftmals kleine Gesten oder Weorte der Aufmerksamkeit im Alltag gegenüber anderen Menschen, sei es bei Familie und Freunden, aber auch fremden Menschen.

Niemand ist so fremd, dass man ihm nicht ein Lächeln schenken könnte.

Paul Hilgendorf – Philosoph

Bhakti Yoga – Yoga der Liebe und Hingabe

Bhakti Yoga bedeutet die Öffnung des Herzens und die Hingabe an etwas Größeres, ein höheres Bewusstsein oder eine höhere Kraft. Bhakti Yogis praktizieren gerne Rituale, die die Hingabe an das Göttliche symbolisieren oder verstärken. Dazu gehören Japa-Meditation (Meditieren mit einem Mantra), Rituale wie Puja (Feuer- und Reinigungszeremonien), die Verehrung von Gottheiten in Form von Altären, die selbstlosen Dienste (wie beim Karma Yoga), aber auch das Singen von Mantren. Aber auch ohne Rituale, etwa Dankbarkeit, Wertschätzung dem Leben und anderen gegenüber zu äußern, allen Lebewesen mit einem offenen Herzen gegenüber zu treten, tolerant zu sein – all das sind Eigenschaften, die dem Bhakti Yoga zugesprochen werden.

Du siehst – auch mit Jeans und Kaffee kannst du ein:e waschechte:r Yogi:ni sein, denn sehr viele Wege führen zu einem yogischen Lebensstil. Neben diesen grundsätzlichen Strömungen ist vor allem das Yogasutra von Patanjali eines der zentralen Texte in der Yogaphilosophie, wenn nicht der wichtigste. Was genau das Yogasutra ist und wieso es für ein yogisches Leben völlig unerheblich ist, ob du jemals einen Handstand machst oder nicht, zeige ich dir jetzt.

Das Yogasutra: Patanjalis achtgliedriger Yogapfad

Wer war Patanjali und was ist das Yogasutra?

Patanjalis Yogasutra bildet die Basis der Yogaphilosophie. Patanjali soll ein Gelehrter gewesen sein, der zwischen 300 v. Chr. und 300 n. Chr. gelebt haben soll – so genau wissen wir das nicht. Aber er hat als einer der Ersten die Grundprinzipien des Yoga schriftlich zusammengetragen, die auch heute noch von sehr großer Bedeutung für alle Yogi:inis sind.

Das Wort „Sutra“ bedeutet Faden oder Kette. In 196 Versen beschreibt Patanjali also gewissermaßen einen Leitfaden, den du nutzen kannst, um die Einheit von Geist, Körper und Seele zu finden. Es dient somit als Hilfestellung und zeigt die Möglichkeiten auf, um uns auf den Weg zu machen. Die Übersetzungen aus dem Sanskrit sind nicht unbedingt einfach zu interpretieren, weswegen es ratsam ist, eine Übersetzung mit Anmerkungen zu lesen, damit die Bedeutungen für unseren Sprachgebrauch einfacher zu verstehen sind. Ich selbst habe die Version von Ralph Skuban Patanjalis Yogasutra – Der Königsweg zu einem weisen Leben.

In seinem Werk legt Patanjali den Fokus vor allem auf den Geist. Er war also eher ein Raja Yogi, denn er sah den Grund des menschlichen Leidens vor allem in der mentalen Unruhe. Somit war es für ihn von essentieller Bedeutung, den Geist zu Ruhe zu bringen, um so zu innerem Frieden und Ruhe zu finden und unsere wahre Natur zu erkennen

„Yoga citta vritti nirodha“

Patanjalis Yogasutra, Kapitel 1, Vers 2.

Übersetzt bedeutet dieser Vers: „Yoga ist das zur Ruhe bringen der Gedanken im Geist.“ Und bei jemandem wie mir, die gerne mal in Gedankenkarussells unterwegs ist, trifft das auf fruchtbaren Boden. Grübeleien über die Vergangenheit, Sorgen um die Zukunft – kennst du das auch? Ich war vor einigen Jahren an einem Punkt, wo ich von mir selbst in dieser Hinsicht echt genervt war. Und Yoga hat mir dabei geholfen, mehr Ruhe in mein Monkey Mind, meinen Affengeist zu bringen. Vielleicht hast du von diesem Bild aus dem Buddhismus schon gehört: Die Gedanken, die wie wilde, kreischende Affen von Ast zu Ast springen und nur Unruhe und Chaos verbreiten. Kommt dir das bekannt vor?

Dann schlage ich vor, du liest weiter und findest heraus, wie du diese wilden Affen bändigen kannst, so dass sie auch gerne mal chillig auf dem Ast liegen und zufrieden an einer Banane knabbern. Der Leitfaden von Patanjali zeigt uns, wie wir das hinbekommen können. Dazu gehören ethische Werte, Hinweise für eine gesunde Lebensführung und yogische Praktiken (keine Sorge, hört sich verrückter an, als es ist).

Ganz wichtig dabei ist: Yoga ist ein Lebensweg, ein Prozess, der dich dein ganzes Leben lang begleiten und unterstützen kann, wenn du es zulässt. Es geht nicht darum, einen Handstand oder Spagat können. Es geht darum, zu dir selbst zu finden.

Das Yogasutra besteht aus acht Stufen (weswegen es auch Ashtanga genannt wird; ashta = acht, anga = Glied). Den Anfang machen wichtige Verhaltensweisen im Umgang mit dir selbst, aber auch ethische Richtlinien für den Umgang mit anderen Menschen. Sie bilden das Fundament unserer Entwicklung als Yogi:ini auf dem Weg der Selbsterkenntnis. Konkrekt bedeutet das: Du kannst die wildesten Verrenkungen auf der Matte machen und sechs Minuten im Handstand – aber wenn du dich abseits deiner Matte wie die Axt im Walde verhältst, keine Rücksicht auf andere nimmst oder ständig unzufrieden mit allem (und dir selbst!) bist, bist du kein:e Yogi:ni. True Story.

Aber du bist ja hier, um es anders zu machen, richtig? Also legen wir los und zwar mit den Yamas und Niyamas, denden Verhaltensregeln und ethischen Werten, nach denen Yogi:nis leben. Dabei geht es nicht um Perfektion, sondern ein Bewusstsein für dein eigenes Verhalten. Diese Leitlinien können uns helfen, unser Verhalten im Alltag, gegenüber uns selbst und unseren Mitmenschen bewusst wahrzunehmen, zu hinterfragen und anzupassen, sodass es zum Wohle aller ist.

Yamas – Umgang mit deiner Umwelt

Es gibt fünf Yamas, die sich auf den Umgang mit deiner Umwelt beziehen, insbesondere auch auf das Sozialleben mit anderen Menschen.

1. Ahimsa (Frieden): Ahimsa bedeutet übersetzt keine Gewalt. Gehe liebevoll und gütig mit der Umwelt und deinen Mitmenschen um- inklusive dir selbst! Wir sind am strengsten und anspruchsvollsten uns selbst gegenüber – schau dir mal bewusst an, wie du mit dir selbst sprichst. Ist das immer liebevoll? Oder gibt es da Verbesserungspotential? (bei mir ist das definitiv verbesserungswürdig!). Frieden gegenüber allen Lebewesen bedeutet auch, diese zu achten und zu respektieren, sie nicht mutwillig zu verletzen oder auszubeuten. Manche Yogi:inis, wie die Jivamukti Yogi:nis, ernähren sich deswegen pflanzlich und achten auf faire, nachhaltige Kleidung.

2. Satya (Wahrheit): Satya bedeutet Ehrlichkeit zu dir selbst und anderen Menschen. Es bezeichnet auch den Mut, deine eigene Wahrheit zu sprechen, zu dir selbst zu stehen und authentisch zu sein. Dabei geht es nicht darum, anderen vor den Kopf zu knallen, was du denkst (Ahimsa!), sondern durch bewusste Selbstreflexion deine Worte bewusst und überlegt zu äußern, ohne die Wahrheit zu verschleiern. Vertraue deiner eigenen Wahrnehmung.

3. Asteya (Nicht stehlen): Dinge zu klauen, die dir nicht gehören, hat wohl jede:r von uns als Kind beigebracht bekommen. Aber es geht hier mehr als Kaugummis aus dem Supermarkt. Es geht auch darum, sich nicht zu vergleichen oder neidisch auf andere zu sein – egal ob auf Instagram oder beim Yoga. Habe Respekt vor materiellem und geistigem Eigentum anderer. Lass andere strahlen – dein Licht wird dadurch nicht kleiner. Auch wenn es nicht immer einfach ist: Versuche, Vergleiche loszulassen und dich auf dich und deinen eigenen Fortschritt zu konzentrieren.

4. Brahmacharya (Im Bewusstsein der höchsten Wahrheit handeln): Das bedeutet Mäßigung in allen Lebensbereichen (Ernährung, Konsum, Sexualität – keine Sorge, niemand will dir ein Zölibat aufschwatzen). Stattdessen geht es wie immer um die Balance im Alltag. Achte darauf, nicht in Süchte zu verfallen (Internetsucht zählt auch dazu!) und dich nicht in kurzfristiger Konsumeuphorie zu verlieren, sondern dich auf das große Ganze zu konzentrieren, um so konstant glücklich zu werden.

5. Aparigraha (Genügsamkeit): Lerne loszulassen und dich nicht an materielle Dinge (oder auch Menschen) zu haften. Ja, das ist leichter gesagt als getan, ich weiß! Auch ich habe eine Lieblingstasse oder einen Lieblingsblazer. Dennoch ist es wichtig, Erwartungshaltungen, Situationen und auch Menschen gehen zu lassen, wenn es an der Zeit dazu ist.

Niyamas – Umgang mit dir selbst

Die fünf Niyamas zeigen, wie du im yogischen Sinne im Alltag mit dir selbst umgehen darfst.

1. Sauca (Reinheit): Regelmäßig zu duschen ist und auf Körperhygiene achten ist, glaube ich, nichts, was ich hier besonders erwähnen muss. Viel wichtiger ist vermutlich, wie bei den meisten von uns, die Gedankenhygiene. Wie denkst du den ganzen Tag über dich selbst? Womit beschäftigst du deinen Geist (Trash-TV-, Tratsch, destruktive Kritik)? Wie ernährst du dich? Die Seele soll Bock haben, in deinem Körper zu wohnen – kümmerst du dich also gut um ihn, mit genügend Ruhe, gesunder Ernährung und Bewegung? Das ist kein Plädoyer für pflanzliche Ernährung, sondern dafür, auf deinen Körper und seine Signale zu hören, was ihm guttut und was nicht.

2. Santosha (Zufriedenheit): Ahh, es ist überall zu lesen auf Social Media, ein Trendwort in der spirituellen Bubble: Dankbarkeit. Sei dankbar für das, was du hast. Das ist auch oft einfacher gesagt als getan, aber dir eine dankbare, wertschätzende Denkweise anzueignen, ohne alles mit der toxischen, pinken „Alles-ist-Licht-und-Liebe“-Brille aufzusetzen, kann dir helfen, dich über das zu freuen, was jetzt schon in deinem Leben ist.

3. Tapas (Disziplin): Tapat ist ein Niyama, das auch schnell aus dem Gleichgewicht geraten kann, wenn du es zu bunt treibst. Diszipliniert zu sein, auf die eigenen Ziele hinzuarbeiten, zu brennen für das, was du liebst (Yoga, Bücher, Sport) ist gut – aber ohne dabei auszubrennen (Hallo Burnout!). Du darfst den Willen haben, Dinge umzusetzen, aber achte dabei auf deine Grenzen und nimm dir Pausen.

4. Svadhyaya (Selbststudium): Svadhyaya bedeutet Selbst-/Eigenreflexion – also beschäftige dich mit den wichtigen Fragen des Lebens, ohne nur um dich selbst zu kreisen. Persönliche Weiterentwicklung ist hier ein tolles Mittel, um dich selbst besser kennen zu lernen. Du erinnerst dich vielleicht: Jnana Yogi:nis beschäftigen sich intensiv mit persönlicher und spiritueller Weiterentwicklung. Es gibt tolle Podcasts, mit denen du in die Thematik einsteigen kannst.

5. Ishvara Pranidhana (Hingabe an das Göttliche/das Größere): Vertraue dem Universum, dem Göttlichen – was auch immer für dich vielleicht passt. Gib dich dem Fluss des Lebens hin, sei eins mit der Natur und vertraue darauf, dass alles, was passiert, am Ende für dich ist. Puhh, das ist hart – ich weiß das. Aber vielleicht kannst du in einigen Situationen einfach mal loslassen und vertrauen, dass alles gut werden wird. Dabei kann dir viel Zeit in der Natur helfen und regelmäßig zu meditieren.

Bei allen Yamas und Niyamas geht es nicht darum, das du diese sofort 100 % zu verinnerlicht hast und sofort lebst. Taste dich ran, Stück für Stück. Nicht vergessen: Es ist ein Weg, ein Prozess, sich nicht von einem auf den nächsten Tag einstellt. Manche Aspekte gehen dir vielleicht leichter von der Hand, andere benötigen mehr Zeit. Sei geduldig.

Asana – Körperhaltungen

Streng übersetzt bedeutet Asana Haltung oder Sitz. Patanjali verweist vor allem auf den Meditationssitz, der bequem und gleichzeitig stabil sein sollte. Asanas wurden im alten Indien nur dafür konzipiert, um den Körper geschmeidig zu flexibel zu machen, damit wir länger im Meditationssitz verbleiben zu können, um zu meditieren. Somit standen Krieger II & Co., also die körperliche Praxis auf der Matte, nie so im Fokus, wie es uns in der westlichen Yogawelt, oft vermittelt wird.

Pranayama – Atemübungen

Pranayama steht für die Atemkontrolle und -regulierung. Schon interessant, dass wir als Kind lernen, wie man läuft, isst und sich anzieht, aber nicht, wie man richtig atmet. Läuft ja von allein, oder? Dabei atmen wir heutzutage viel zu flach, was für unseren Körper immer ein Zeichen von Stress ist. Eine ruhige, tiefe Atmung in den Bauch signalisiert ihm dagegen: Alles ist gut, chillaaaax. Dann kann er sich wichtigen Prozessen, wie der Zellregeneration und Verdauung widmen. Mit gezielten Atemübungen kannst du also deinen Geist beruhigen, dein Immunsystem stärken und deinen Körper unterstützen – all das ohne fancy Zubehör, nur mit deinem Atem! Wenn das mal nicht genial ist!

Pratyahara – Rückzug der Sinne

Durch unsere fünf Sinne nehmen wir unsere Umwelt wahr, was natürlich erstmal großartig ist. Wer schaut sich nicht gerne einen wunderbaren Sonnenuntergang an oder hört zum 35-mal in Dauerschleife ein tolles Lied. Aber gleichzeitig kann es auch sehr anstrengend werden, dauernd mit deinen Sinnen „online“ zu sein. Kennst du das Gefühl, dass ständig was an deiner Aufmerksamkeit zerrt? Du schaust auf dein Handy, du hörst Nachrichten, in deinem Kopf geistert irgendeine Story rum, die dein:e Freund:in dir erzählt hat – irgendwas ist immer. Pratyahara bedeutet, dass du deine Sinne zurückziehst und versuchst, dich darauf zu konzentrieren, was in deinem Inneren so los ist. Wie geht es dir wirklich? Was will dir die leise, innere Stimme vielleicht mitteilen, die tagtäglich von lautem Blabla im Außen übertönt wird? Wenn du lernst, deine Sinne zurück zu ziehen, und innere Stille einkehren zu lassen, kannst du diese Stimme besser wahrnehmen. Pratyahara ist auch die Vorbereitung auf Konzentration (Dharana) und Meditation (Dhyana), die nachfolgenden Stufen auf Patanjalis Pfad.

Dharana – Konzentration

Dharana bedeutet, deinen unruhigen Geist zu fokussieren und Ruhe einkehren zu lassen: Wir wollen, dass die Affen entspannt auf dem Ast liegen und locker die Beine baumeln lassen. Um den Geist auf eine Sache zu konzentrieren, können die verschiedene Techniken helfen: Die Konzentration auf den Atem oder auf ein Mantra, eine Affirmation, die du dir im Geiste immer wieder vorsagst. Auch eine Mala, eine Meditationskette, kann dir helfen, dich besser auf eine Affirmation oder Atemübung zu konzentrieren. Wenn dein Geist ruhig ist, dann kommst du in den Zustand der Meditation.

Dhyana – Meditation

Losgelöst von allen spirituellen Ansätzen ist unserer modernen, westliche, Welt mittlerweile klar, dass Meditation ein absolut wirksames Mittel zur Stressreduktion ist. Wissenschaftliche Studien wie die vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften beweisen, dass mentales Training körperliche Anzeichen von langen Stressphasen verringert. Krankenkassen bezuschussen MBSR-Kurse (Mindfulness-Based Stress Reduction) bereits seit einiger Zeit als Präventionsmaßnahme. Grund genug, sich das Thema Meditation einmal genauer anzuschauen, oder?

Ganz wichtig dabei ist: Mach dir keinen Stress. Meditieren ist nicht „Setz dich hin und denk an nichts“ – auch wenn das vielleicht manchmal den Anschein macht. Du kannst beim Meditieren nichts falsch machen, wirklich nicht. Es geht nicht darum, nichts mehr zu denken. Versuch doch mal, jetzt nicht an einen gestreiften Elefanten zu denken? Na? Klappt nicht so gut, oder?

Es geht eher darum, einfach nur wahrzunehmen und zu beobachten – und nicht zu werten. Wenn ein Gedanke auftaucht, halte ihn nicht fest, sondern lass ihn weiterziehen, ohne zu denken „Was für ein doofer Gedanke“ oder „Ach, ich kann nicht meditieren.“ Einfach weitermachen. Meditation ist vor allem Übungssache.

Dein Geist ist letztlich wie ein blauer Himmel (ein für mich sehr schönes Bild): Stell dir vor, du sitzt in deinem Flugzeug und fliegst immer höher, bis du über den Wolken bist. Was fällt dir auf? Richtig, der Himmel (dein Geist), ist über den Wolken (deinen Gedanken) immer blau, klar, weit. Immer. Egal, wie grau, dunkel oder schwer die Wolken darunter sind. Über all diesem Wirrwarr herrscht Ruhe und Klarheit. Gedanken kommen und gehen, genau wie Wolken. Wir können sie ziehen lassen.

Wenn du bisher noch keine Berührungspunkte mit Meditation hattest, probiere doch mal geführte Meditationen aus. Die helfen mir auch heute noch sehr, wenn mein Geist keine Ruhe findet. Auf Spotify gibt es eine Vielzahl kostenloser, geführter Meditationen – von 8-30 Minuten ist alles dabei. Auch auf YouTube gibt es einige Kanäle, die schöne Meditationen anbieten, etwa von Mady Morrison. Schau dich einfach mal ein wenig um, welche Stimmen dir gefallen.

Samadhi – Erleuchtung

Samadhi – das höchste Ziel des Yoga, der letzte Schritt auf Patanjalis Yogaweg. Samadhi beschreibt den Zustand der Glückseligkeit und der Erleuchtung. Es gibt keine Trennung mehr zwischen dir und der Umwelt, alles ist eins. Wenn wir Samadhi erreichen, dann erkennen wir unsere wahre Natur und sind pures Bewusstsein. Klingt gut, oder? Ich glaube, diesen Zustand noch weiter theoretisch zu beschreiben wird schwierig – wir müssen ihn selbst erleben.

Und ich glaube, es sind eher kurze Momente, vielleicht nur ein paar Sekunden, in denen wir das fühlen – oder zumindest eine Ahnung bekommen, was gemeint sein könnte. Ich stelle es mir ähnlich vor wie den Flow-Zustand, den du vielleicht auch kennst, wenn du total in einer Sache aufgehst (gärtnern, singen, fotografieren, schreiben, malen…) und die Zeit um dich herum vergisst, alles andere gar nicht mehr wahrnimmst, aber trotzdem voll bei dem bist, was du tust. Es gibt bestimmt unzählige Nuancen dieses Zustands, aber sie alle können uns eine Idee, einen kleinen Ausblick geben auf das, was auf dem Yogaweg vor uns liegt – und wenn es nur ein winziger Wimpernschlag lang anhält. Nicht zerdenken, einfach fühlen.

Get started: Erste Tipps, um Yoga in dein Leben zu bringen

Da stehen wir nun: Sind die vier Yogawege entlang gegangen und und sind gedanklich auf Patanjalis verschlungenem, gewundenden Yogaweg gewandert. Ich hoffe, ich konnte dir einige Einblicke in die Welt des Yoga geben.

Was machst du jetzt mit diesem ganzen Wissen? Erstmal sacken lassen. Du musst das nicht alles auswendig lernen, um ein:e Yogi:ni zu werden. Theorie allein bringt´s, wie so oft im Leben, nicht wirklich. Du darfst das alles selbst erfahren, nach und nach. Klopf dir aber erstmal auf die Schulter und sei stolz auf dich – du möchtest offenbar etwas verändern, das allein verdient schon Respekt!

Daher vertraue (!) darauf, dass dein kluger Kopf, dein offenes Unterbewusstsein das mitnimmt, was es mitnehmen wollte. Das, was du jetzt brauchst. Alles andere kommt mit der Zeit. Such dir für den Anfang doch erstmal ein, zwei Aspekte raus, die du dir näher anschauen möchtest. Formuliere dir ein kleines Ziel. Vielleicht inspirieren dich diese Ideen:

  • Sag einer Person (Arbeitskolleg:in, Bekannte:n, Freund:innen – oder auch gerne fremden Menschen!) etwas Nettes. Mach ihnen ein (ernst gemeintes!) Kompliment, oder sprich deine Anerkennung für eine Sache aus, die sie in deinen Augen toll gemacht haben. Oder schenke ihnen ein Lächeln – wichtig ist, dass es von Herzen kommt! (Ahimsa – Frieden).
  • Lobe dich jeden Abend vor dem Spiegel für eine Sache, die dir richtig gut gelungen ist – damit praktizierst du reine und liebevolle Gedanken (Sauca – Reinheit & Ahimsa – Frieden).
  • Schreib eine Woche lang jeden Tag ein wenig Tagebuch. Einige Sätze über deine Gedanken und Gefühle reichen völlig. Vielleicht bekommst du Lust, dem mehr auf den Grund zu gehen? (Svadhyaya – Selbststudium)
  • Befreie dich von materiellem Ballast – vielleicht hast du Lust, mal deinen Kleiderschrank auszuräumen und Kleidung zu verschenken, die du nicht mehr benötigst? (Aparigraha – Nicht anhaften).

Wenn du, genau wie es damals meine Antriebsfeder war, aus nervigen Gedankenkarussells schneller auszusteigen willst und mehr innere Ruhe finden willst (und wenn das nicht so wäre, hättest du nicht bis hierhin gelesen), dann schau doch, ob Yoga auch für die eine Möglichkeit bietet. Vielleicht besuchst du mal eine Yogastunde in einem Studio deiner Nähe? Oder suchst online nach Lehrer:innen, die dich ansprechen? Ich mache gerne Yoga mit Mady Morrison oder Wanda Badwal, wenn ich nicht in den Yogastudios meines Herzens hier in meiner Nähe bin. Abonniere auf Instagram Accounts, die sich mit dem Thema Yoga und moderne Spiritualität beschäftigen. Lies Bücher oder Blogs zu dem Thema, oder höre, wenn das für dich besser passt, Podcasts. Vergiss dabei nicht – eigene Erfahrungen zu machen wird dich auf deiner Reise als Yogi:ni weiter bringen als 100 Bücher! Das wusste auch schon Swami Sivananda:

Ein Gramm Praxis wiegt schwerer als eine Tonne Theorie.

Swami Sivananda (Indischer Yoga-Meister und Lehrer)

Und noch wichtiger: Mach dir bei alledem aber bitte keinen Druck: Es muss nicht von heute auf morgen alles anders sein. Es darf sich in kleinen Schritten ändern, Tag für Tag. Manchmal müssen wir uns im Dschungel der Möglichkeiten zurechtfinden, uns durchschlagen, den Kompass prüfen oder auch mal die Route neu festlegen. Aber es ist eine spannende Reise, denn wir erleben und sehen auf dem Weg soviel: Wertvolle Erfahrungen, die uns mehr Vertrauen in uns selbst schenken. Krasse Abenteuer, die den Mut in uns wecken. Und wunderschöne Erinnerungen, die unser Herz mit Leichtigkeit und Zufriedenheit erfüllen. Wir haben uns nicht umsonst hier getroffen, auf diesem Weg. Daher lade ich dich ganz herzlich ein, mit zu reisen, zu entdecken und zu wachsen.

Wenn du also auch Lust hast, deinen Rucksacke zu packen und dich auf die Reise zu machen, schau dich gerne hier auf dem Blog um, folge mir auf Instagram, damit wir uns dort austauschen können oder nimm per E-Mail zu mir auf!

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