Jordanien // Wadi Rum & Petra / Teil II
Nach Teil I folgt nun Teil II des Reiseposts über Jordanien, mit dem Besuch im Wadi Rum und in Petra.
Tag 1: Jeeptour durch das Wadi Rum
Am nächsten Morgen fahren wir nach dem Frühstück los ins Wadi Rum. Das Wetter ist noch sehr bewölkt und mit windigen 12° auch nicht gerade kuschelig, aber wir sind guter Dinge und warm eingepackt.
Das Wadi Rum ist UNESCO-Welterbe und 100 km lang und 60 km breit. Es handelt sich dabei folglich um ein Naturschutzgebiet, somit sind Alleinfahrten im Jeep nicht möglich, aber ganz ehrlich: Auch nicht ratsam. Sich in den endlosen Weiten der Wüste zu verlieren, passiert schneller, als man glaubt. Also sind wir im Vorfeld zu unserer Reiserecherche auf die Internetseite von einem lokalen Anbieter für Jeeptouren gestoßen. Die Inhaberfamilie ist Teil des Beduinenstammes, der um das Tal des Wadi Rum lebt und Jeeptouren, auch mit Übernachtungen in der Wüste, anbietet. Daher haben wir bei dort nach Mailkontakt eine Tagestour gebucht. Er holt uns am Besucherzentrum von Wadi Rum ab und fahrt uns zunächst zu seinem Haus. Dort trinken wir mit seinem Neffen, der in unserem Alter ist und unser Guide sein wird, einen köstlichen, schwarzen Tee mit Zimt, Kardamon und seeehr viel Zucker. Danach geht es auch schon los.
Sanddünen, Felsbrücken und Schluchten
Auf dem Tagesplan stehen unter anderen Lawrence´s Spring, große Felsbrücken und weite Wüstenebenen. Wir haben uns im Vorfeld schon überlegt, was wir gerne anschauen möchten und unser Guide nimmt dies direkt auf und schlägt weitere, dazu passende Orte vor. Wir besichtigten enge Felsschluchten und Felsplateaus mit einem wahnsinnigen Ausblick. Unser Guide gibt uns zu jedem Stopp Informationen und genug Zeit, um uns umzuschauen und die Gegend zu erkunden. Zwischendurch treffen wir auch auf andere, wenn auch wenige Reisegrppen. Da Januar eben nicht die Hauptsaison ist, können wir sehr viele Orte komplett alleine genießen. Wir klettern durch enge Felsschluchten, durch die früher die Händler und Reisende wanderten oder surfen auf Snowboards die riesigen roten Sanddünen herunter – nahezu sturzfrei.
Wir genießen zusammen ein leckeres Mittagessen mitten in der Wüste mit einer polnischen Familie, die von dem Neffen unseres Guides begleitet wird. Es gibt Hummus, Falafel (Aufgabe erfüllt), leckeren Reis mit Gemüse, Käse und Brot sowie den obligatorischen Schwarztee und Wasser. Nach und nach klart das Wetter auf und die Sonne sccheint auf den roten Sand. Wir fahren weiter und unterhalten uns während der Fahren mit Moussa. Es ist wirklich interessant, mehr über ihn und das Leben seiner Familie zu erfahren. Genauso aber ist er sehr an uns interessiert: Welchen Beruf wir haben, wo wir leben, wie wir leben – es ist einfach eine sehr entspannte Atmosphäre, die zusammen mit den ganzen Sehenswürdigkeiten und Erzählungen die Zeit sehr schnell vergehen lässt.
Sonnenuntergang in der Wüste
Da sich die Sonne nun an einem nahezu wolkenlosen Himmel zeigt, können wir am späten Nachmittag in einem Wüstencamp, wo im Sommer die Übernachtungen unter dem Sternenhimmel angeboten werden, den Sonnenuntergang genießen. Wir spazieren ein Stück raus aus dem Camp und klettern auf ein Felsplateau, das eine tolle Rundumsicht bietet. Die Sonne versinkt langsam und taucht die ganze Wüstenlandschaft um uns herum in leuchtendes Gelb, Orange und Tiefrot. Klingt kitschig und ist es auch ein bisschen, aber dieser Sonnenuntergang zählt zu den schönsten, die ich je gesehen habe.
Nach dem Sonnenuntergang essen wir gemeinsam mit der Inhaberfamilie und der polnischen Familie zu Abend. An einer Feuerstelle versammelt, genießen wir zusammen noch eine Runde Tee und sprechen über die weiteren Reisepläne. Die polnische Familie möchte Montag nach Petra fahren, wir berichten von unserem morgigen geplanten Trip. Die Frau des Inhabers erzählt, dass wir Glück haben, erst am nächsten Tag nach Petra zu fahren, denn heute sei die Straße gesperrt gewesen. Mein Herz setzt aus: Wenn Petra auch morgen geschlossen sein sollte, was sollten wir dann tun? Aber sie beruhigte uns: Das Wetter würde morgen traumhaft werden – morgen sei der ideale Tag für Petra. Nur allzu gern schenke ich ihr Glauben und hoffe, dass sie recht behält – ist schließlich ziemlich doof, wenn der Hauptgrund der Reise nicht zugänglich sein sollte!
Nach dem Tee fährt unser Guide uns zum Visitor Center zurück. Die Fahrt durch die absolut dunkle Wüste (obwohl es ja erst 19 Uhr ist), lässt mit Blick in den klaren Sternenhimmel erahnen, wie klasse es wohl sein muss, hier eine milde Sommernacht zu verbringen. Er rät uns unbedingt dazu, im Sommer nochmal wiederzukommen, um das zu erleben, Uch bin mir sicher, dass ich diesen Rat beherzigen werde. Wir bedanken uns bei ihm für den tollen Tag und fahren ins Hotel zurück.
Tag 2: Petra
Am nächsten Morgen stehen wir um 4 Uhr auf. Ja, 4 Uhr, denn wir wollen sehr früh in Petra sein, um im Idealfall noch den Sonnenaufgang zusehen, der ca. 06:30 Uhr beginnen soll. Petra öffnet das ganze Jahr über um 6 Uhr morgens, schließt aber im Winter schon wegen des frühen Sonnenuntergangs um 16 Uhr. Daher wollen wir möglichst viel Zeit in der Stadt verbringen. Die Fahrtdauer beträgt lt. Google Maps zwei Stunden. Die Strecke fährt sich gut, die Straßen sind frei.
Als wir dann von der Autobahn abbiegen und nach einer Zeit von der bisherigen Hauptstraße auf eine recht unbefestigte Straße zu fahren, merken wir: Oh, es geht bergauf und oh, hier liegt ja Schnee und oh, wie absolut dick der Nebel ist! Dieser Teil der Strecke ist wirklich abenteuerlich, weil unsere Scheinwerfer gefühlt genau 0,5 m Reichweite haben und der Nebel so dick ist, dass wir kaum etwas sehen – außer den Schnee um uns herum. Keine Häuser und viel weiter als den Straßengraben sehe ich ja auch nicht. Ich bin nur ein ganz wenig latent angespannt. Soll das das gute Wetter sein, was uns gestern prophezeit wurde? Ok, es 5 Uhr, aber trotzdem….
Nach und nach gesellen sich wieder Häuser an den Straßenrand und die Morgendämmerung bringt das erste Licht. Die Sichtverhältnisse werden besser. Die Besiedlung wird dichter und wir fahren durch die ersten kleinen Ortschaften auf dem Weg nach Petra. Langsam entspanne ich etwas entspannter und die Sorge, dass die Straße gesperrt sein wird, verfliegt langsam: Der Schnee wird weniger, denn offenbar sind wir wieder in etwas niedrigere Höhenlagen gefahren. Wir kommen gegen halb 7 in Petra an. Ein Polizist weist uns den Weg Richtung Parkplatz, wo nur sehr wenige Autos stehen. Ein Pärchen mit Wanderequipment bricht gerade Richtung Haupteingang auf. Alles ist gut, Petra ist offen und wartet auf uns – meine Erleichterung ist riesig. Ich sah uns schon vor verschlossenen Toren stehen, aber zum Glück ist alles gut gegangen.
Der Siq, das Schatzhaus und meine Gedanken
Die Sonne kommt langsam hinter den Bergen hervor und wir wandern vom Haupteingang Richtung Siq, mit dem Teil 1 dieses Blogbeitrags begonnen hat. Während wir durch die zwei km lange Schlucht wandern, die in den engsten Passagen teilweise nur zwei oder drei Meter breit ist , versuche ich im Hier und Jetzt den Moment zu genießen. Die klare Luft, die Einsamkeit, die Ruhe, das Licht der aufgehenden Sonne.
Je weiter ich den Siq entlangwandere, desto mehr offenbart sich das Schatzhaus, Khazne al-Firaun, auch „Schatzhaus des Pharao“ genannt. Es ist kein klassisches Schatzhaus zur Lagerung von eben diesen, sondern wie die meisten Sehenswürdigkeiten in Petra ein in die Felswände gemeißeltes Grab – knapp 40 Meter hoch und 25 Meter breit. Es ist faszinierend, wie es sich langsam zwischen den Felswänden des Siqs in das Blickfeld schiebt.
Die Enge des Weges verschwindet und die Schlucht öffnet sich. Hier stehe ich vor einem Bauwerk an einem Ort, der so schön, so geschichtsträchtig, so beeindruckend ist, dass er meine kleinen Probleme wie Autoreparatur, Stress auf der Arbeit oder zu viele Mückenstiche wirklich wahrlich lächerlich erscheinen lässt. Unbedeutend. So abgedroschen das vielleicht klingt, aber das passiert mir oft im Angesicht von solchen Orten. Ob von Menschenhand geschaffen oder, und da kommt es noch viel intensiver vor, an Orten, die die Natur geschaffen hat. Ich bin fasziniert, welche Dinge Menschen früher mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln geschaffen haben.
Das Schatzhaus ist die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit von Petra. Vom dritten Jahrhundert v. Chr. bis zur Übernahme durch das Römische Imperium im Jahre 106 unserer Zeitrechnung wurde Petra von einem mächtigen Stamm, der Nabatäer, bewohnt. Petra war eine zentrale, florierende Handelsstadt zwischen der westlichen Welt und dem Orient. Menschen aus kamen hier zusammen und prägten somit die vielfältige Architektur. Dieser Einfluss zeigt sich in der Architektur durch griechische, römische und arabische Bauweisen. Wir wandern weiter entlang der Fassadenstraße und gönnen uns nach einem steilen Aufstieg auf den Hohen Opferplatz in der Nähe unser mitgebrachtes Frühstück in der Morgensonne. Indiana Jones-Gefühl inklusive.
Das Monastery
Danach wandern wir weiter in unterschiedlichen Höhe, schmale Passagen zwischen Felsformationen und über offene Flächen. Wir kommen an vielen weiteren Grabstätten vorbei, bis wir den alten Stadtkern von Petra erreichen. Hier bestaunen wir die Tempel und Überreste der ehemaligen Wohnquartiere der Nabatäer. Dann folgt der anstrengendste Teil: Der Aufstieg über 822 Stufen zum Monastery, besser bekannt als Felsentempel Al-Deir. Der Aufstieg hat es in sich und obwohl wir Januar haben, ist mir ziemlich schnell ziemlich warm. Gut, dass wir uns in Schichten angezogen haben – Layering ftw! Ich frage mich allerdings, wie nett der Aufstieg im Sommer sein muss – da bin ich doch froh über Januarwetter. Der Himmel ist wolkenlos und es sind um die 15 °, die Sonne scheint. Also haben wir doch die richtige Wetterprognose erhalten. Weniger Skepsis bitte beim nächsten Mal!
Dann sind wir oben und staunen nicht schlecht, denn der Anblick von Al-Deir ist wirklich atemberaubend. Al-Deir ist 50 m breit und 39 meter hoch, also größer als Schatzhaus. Die Sonne bescheint die aufwendig gestaltete Fassade und taucht ihn in goldendes Licht. Recht schnell ist klar, Al-Deir ist wunderschön, sogar für mich noch schöner als das Schatzhaus.
Gegenüber von Al-Deir ruhen wir uns aus und genießen frischen Schwarztee. Nach der Mittagspause wandern wir weiter entlang der Säulenstraße, kommen an den Royal Tumbs und am Römischen Theater vorbei. Wir nehmen nochmal einen Aufstieg in Angriff, um von einem Felsplateau eine tolle Aussicht von oben auf das Schatzhaus zu erlangen. Und wen treffen wir auf dem Rückweg? Die polnische Familie! Sie hatten sich nach dem gemeinsamen Gespräch auch dazu entschieden, nach Petra einen Tag vorzuziehen und sind genauso happy wie wir, dass das Wetter so sonnig ist.
Insgesamt sind wir bis kurz vor Toreschluss in Petra, was bedeutet, dass wir wirklich knapp 10 Stunden gewandert sind. Glücklich und erschöpft machen wir uns durch den Siq auf den Rückweg. Zurück in Aqaba essen wir noch in einem fantastischen Restaurant zu Abend, trinken noch Cocktails und lassen den Tag Revue passieren. Petra war genau das, was ich mir erhofft hatte. Meine Erwartungen wurden erfüllt bzw. sogar übertroffen. Denn ich hätte nicht gedacht, dass es so! schön dort ist.
Dieses Wochenende in Jordanien war so voller neuer Erfahrungen, Erinnerungen und Bilder, dass es sich nicht wie vier Tage anfühlt, sondern wie vier Wochen, in denen ich, mein Kopf und meine Gedanken komplett raus waren aus dem Alltag. Manchmal reicht dafür schon ein Wochenendtrip. Mit Hummus und Falafel an jedem. Einzelnen. Tag. Nach Jordanien reise ich mit Sicherheit nochmal, schließlich wartet auch noch eine Wüstenübernachtung.
Wart ihr schon mal in Jordanien?
Welche Art von Urlaub macht ihr am liebsten?